Haushaltsrede der FDP-Fraktion
Rede der Vorsitzenden der FDP-Stadtratsfraktion Gabriele Molitor zur Verabschiedung des Haushaltes der Stadt Erftstadt in der Sitzung des Stadtrates am 10. Dezember 2019:
Sehr geehrte Damen und Herren,
ein Lottogewinn ist eine feine Sache. Er ermöglicht dem Gewinner, sich Wünsche zu erfüllen und ein sorgloses Leben in Wohlstand und Unabhängigkeit zu führen. Es soll aber auch Fälle von Lottogewinnern gegeben haben, die alles durchbrachten und am Ende mit leeren Händen dastanden. Lotteriegesellschaften bieten deshalb Beratung an.
Erftstadt hat auch einen Sechser im Lotto gewonnen. So verstehen wir alle die Entscheidung, den Campus Rhein-Erft der Technischen Hochschule Köln in Erftstadt anzusiedeln. Jetzt muss es auf Seiten der Stadt darum gehen, alles daran zu setzen, mit diesem Sechser im Lotto sorgsam und geschickt umzugehen, damit die Stadt und mithin die Bürgerinnen und Bürger von diesem Gewinn auch in Zukunft profitieren können.
Deshalb haben FDP, CDU und Freie Wähler die Gründung einer Stadtentwicklungsgesellschaft vorgeschlagen, die die Ansiedlung der Hochschule begleitet. Diese Begleitung soll sich nicht nur auf Stadtplanung, studentischen und privaten Wohnbau konzentrieren, sondern auch die Ansiedlung Hochschul-verwandter Unternehmen unterstützen. Diese neue Gesellschaft soll die Synergien zwischen Hochschule und Unternehmen managen.
Bisher haben wir in Erftstadt ein Nebeneinander statt eines Miteinanders von Wirtschaftsförderung und Stadtentwicklung. Das soll sich mit der neuen Gesellschaft, deren Organisationsform Gegenstand eines Prüfauftrages sein soll, ändern.
Gegenstand der Prüfung werden auch die Schnittstellen zur Kernverwaltung sein.
Leider wird in Erftstadt diese Gründungsidee als Affront gegen in der Verwaltung tätige Personen empfunden. Das ist mehr als schade. Denn die Veränderung der städtischen Struktur, soll Lasten besser verteilen und Projekte konzentriert nach vorne bringen. Denn gleichgültig, wer im nächsten Jahr Bürgermeister oder Bürgermeisterin von Erftstadt wird. Er oder sie sollte ein hohes Interesse daran haben, mit einer solchen Gesellschaft erfolgreich arbeiten zu können.
Ich habe schon im Hauptausschuss von Rheinbach als positivem Beispiel für eine Hochschulansiedlung erzählt. Die Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg wurde vor 30 Jahren mit einer Dependance in Rheinbach gegründet. Die Zahl der Studierenden, die anfangs bei 1500 lag, liegt heute mit ca. 3000 doppelt so hoch. Das Gesicht der Stadt hat sich positiv verändert. Und gewachsen ist in Rheinbach auch das Gewerbesteueraufkommen. Lag es 1995 noch bei 1,5 Mio. Euro, so liegt es heute bei 22 Mio. Euro. Auch hier ist eine städtische Gesellschaft seinerzeit gegründet worden.
Die Hochschulansiedlung ist mit geschicktem Management ein Gewinn für die ganze Stadt, der Zuzug junger Leute, die Attraktivität für Fachkräfte, die Entstehung neuer Arbeitsplätze. All das ist auch in Erftstadt möglich. Wir sollten unseren Lottogewinn besonnen nutzen.
Bildung ist der FDP-Stadtratsfraktion sehr wichtig.
Gute Schulen in Erftstadt zu haben, um Kindern und Jugendlichen beste Bildungschancen zu geben, steht für die FDP Erftstadt an erster Stelle.
Deshalb wollen wir, dass das Schulzentrum Lechenich saniert wird.
Wir haben zwei Schulzentren in unserer Stadt, deren Bausubstanz in unterschiedlich gutem Zustand ist. Wir wollen nicht, dass ein Schulzentrum hui und das andere pfui ist. Wir wollen Schulgebäude mit vergleichbarem Standard, wo es Freude macht zu lehren und zu lernen.
Warum ist die FDP für die Sanierung in Lechenich und nicht für einen Neubau? Wie geht denn ein Hausbesitzer vor, der feststellt, dass sein Haus nicht mehr seinen Vorstellungen entspricht? Er überlegt, wie er sein Gebäude modernisieren und optimieren kann. Und genau so haben die Überlegungen für das Schulzentrum Lechenich begonnen.
Ein Neubau auf der grünen Wiese würde bedeuten, einen vollkommen neuen Standort zu suchen. Einen Vorschlag dazu gibt es ja schon. Die grüne Bürgermeisterkandidatin hat ein Ackergelände vorgeschlagen, das noch nicht einmal im Flächennutzungsplan als Baulandreserve enthalten ist. SPD und Grüne behaupten, dass ein Neubau am Ende kostengünstiger wäre als eine Sanierung. Für eine Machbarkeitsstudie wollen sie 800.000 Euro ausgeben. SPD und Grüne bleiben die Antwort schuldig, was dann mit dem alten Schulzentrum passieren soll. Mögliche Abrisskosten kämen noch zu den Kosten für einen Neubau hinzu.
Ich bin hingegen bin immer wieder fasziniert, was moderne Architektur möglich machen kann, wenn Bestandsgebäude verändert werden.
Ansiedlung der Stadtbücherei. Die FDP-Stadtratsfraktion hat mit ihrem Antrag den Anstoß gegeben, das ehemalige Kaufhaus Könen erneut für die Ansiedlung der Stadtbücherei heranzuziehen. Dieser Vorschlag hat den Charme, dass schon relativ bald an einem verkehrstechnisch gut angebundenen Standort eine moderne Bibliothek entstehen kann. Es gibt dort genügend Flächenreserven, um langfristig die gesamte Bibliothek zu beherbergen. Gegenüber dem anderen in Rede stehenden Standort in Liblar hat das ehemalige Könen-Gebäude den unschätzbaren Vorteil, dass hier auch eher Laufkundschaft angesprochen werden und für’ s Lesen begeistert werden kann. Die FDP-Stadtratsfraktion ist sicher, dass wir schon im nächsten Jahr ein neues schönes „Wohnzimmer für die ganze Stadt“ bekommen werden.
Der FDP sind neue Projekte in unserer Stadt wichtig. Aber genauso wichtig ist uns eine solide Haushaltspolitik. Wir wollen kein Wolkenkuckucksheim, das uns schnurstracks in den Nothaushalt manövriert. Wir wollen Projekte, die auf einer guten und durchdachten Konzeption beruhen und die mit Augenmaß finanziert sind Wir sind dem Kämmerer Dirk Knips dankbar, dass er uns immer darauf hinweist, wo die Grenzen des Haushaltssicherungskonzeptes liegen.
Eine Haushaltsrede ist immer auch eine gute Gelegenheit weitere wichtige Politikfelder anzusprechen. Der Klimaschutz ist während des letzten Jahres zu einem Top-Thema geworden. Junge Leute engagieren sich, weil sie mit Sorge auf die Erderwärmung schauen und weil sie sich Sorgen um ihre Zukunft hier auf unserer Erde machen. Dieses politische Engagement ist gut. Gut ist aber genauso einen Weg zur Reduzierung der Treibhausgase einzuschlagen, der auf Zuversicht in technische Innovationen setzt.
Im kommunalen Bereich ist die Mobilität ein Thema, das heiß im Zusammenhang mit Klimaschutz diskutiert wird. Während in der Stadt Mobilität ohne Auto besser, mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Car-Sharing und Fahrrad realisierbar ist, ist das Auto auf dem Land in absehbarer Zeit noch ein unverzichtbares Verkehrsmittel. Ich möchte hier für mehr Ehrlichkeit werben. Ja, wir müssen neue digitale Möglichkeiten für den ÖPNV erproben, ja wir wollen den Radverkehr fördern. Dann aber bitte, indem wir die Mittel in den Ausbau des Wegenetzes stecken und nicht schon den zweiten Schritt mit der Anschaffung eines E-Bike-Verleihs machen.
Ja, wir müssen die Aufenthaltsqualität in den Ortszentren verbessern, aber bitte mit dem Auto und nicht gegen das Auto. Wir sollten an unsere älteren Mitbürger und bewegungseingeschränkte Menschen denken, die wir nicht alle auf das Fahrrad setzen können.
Lassen Sie mich zum Schluss meiner Rede weitere Anmerkungen zum Klima machen. Zum Klima in unserer Stadt, zum Klima in der Verwaltung und im Stadtrat. Ich empfinde diese Klima als aufgeheizt und konfliktgeladen.
Leider ist es im Zusammenhang mit dem Bau von vier dringend benötigten Kindertagesstätten sowie der Vergabe an einen Investor in unserer Stadt zu Fehlverhalten in der Verwaltung gekommen. Fehlverhalten, das für uns Ratsmitglieder nicht akzeptabel ist. Wir sind zum Handeln gezwungen. Wir können auf dieses Fehlverhalten nicht mit „Schwamm drüber“ antworten. Wenn wir das tun, sind wir mitverantwortlich. Anders als der Bürgermeister in seiner Haushaltsrede, bin ich mit meiner Fraktion der Meinung, dass die Einleitung einer Überprüfung der Vorgänge durch die Kommunalaufsicht rund um die Vertragsabschlüsse zwingend geboten ist und keinesfalls ein unfreundlicher Akt ist. Der Bürgermeister als oberster Chef der Verwaltung trägt mit dem gesamten Verwaltungsvorstand Verantwortung für die ganze Stadt. Und es kann im Rat nicht darum gehen, dass die einen meinen, „ihre“ technische Beigeordnete in Schutz nehmen zu müssen und die anderen den Bürgermeister. Als Ratsmitglieder haben wir ein elementares Interesse an der Aufklärung der Vorgänge. Wir müssen uns darauf verlassen können, dass die Verwaltung Ratsbeschlüsse befolgt. Wenn wir jetzt so tun als sei nichts passiert, machen wir uns alle angreifbar. Das können wir nicht akzeptieren. Denn ein solches Verhalten darf sich in Zukunft nicht wiederholen.
Ein Konflikt birgt immer auch die Chance, durch Problemlösung positive Veränderung zu bewirken. Ich wünsche mir mehr Kooperation statt Konfrontation in unserer Verwaltung und dem Rat. Denn wir sind eigentlich glückliche Lottogewinner.
Die FDP-Stadtratsfraktion gibt der Haushaltssatzung ihre Zustimmung.
Unsere Zustimmung verbinde ich mit dem Dank an unseren Kämmerer, Dirk Knips, und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Aufstellung eines Haushaltsplans mit sehr detaillierten Informationen zu den einzelnen Positionen und für klare Worte im Laufe der Beratungen.