Eine starke FDP für Erftstadt

Kompetent und sachorientiert

Stellungnahme der FDP zur Verabschiedung des Haushaltes für das Jahr 2016

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

Haushaltsreden werden zu Recht dazu genutzt aufzuzeigen, worin sich die politischen Positionen der Fraktionen unterscheiden. Ich möchte dennoch die Gelegenheit nutzen, mit einer Gemeinsamkeit zu beginnen: In Rat und Verwaltung gibt es erfreulicherweise bisher einen politischen Grundkonsens, der eine fremdenfeindliche nationalistische Agitation gegen Flüchtlinge ausschließt. Der Blick in andere Regionen und Länder zeigt, wie wertvoll das ist. Die FDP-Fraktion hofft und will ihren Beitrag dazu leisten, dass dieser Grundkonsens auch zukünftig nicht in Frage gestellt wird.

Jenseits dieses Grundkonsenses gibt es gravierende Meinungsunterschiede.

Schon aus rein handwerklichen politisch-administrativen Gründen halten wir Freie Demokraten es für falsch, dass der Rat mit der Mehrheit von CDU und SPD ohne zu zögern in der letzten Ratssitzung des Jahres 2015 beschlossen hat, fast 3 Millionen Euro für 8 weiteren Wohncontainer am Brabanter Weg auszugeben. Wohncontainer in einem Gewerbegebiet sind aktuell die teuerste Methode, neu ankommende Flüchtlinge in Erftstadt unterzubringen. Sie haben nicht einmal den Vorteil, besonders schnell zur Verfügung zu stehen und sind auch nicht geeignet, Flüchtlinge mittel- und langfristig unterzubringen.

Mit Sammelunterkünften für 200 und mehr Personen, in denen weder sichere Rückzugsmöglichkeiten für den Einzelnen oder Familien, noch ausreichende Aufenthaltsräume zur Verfügung stehen, wird der Nährboden für Konflikte unter den Bewohnern und mit der einheimischen Bevölkerung geschaffen, die schnell dazu führen können, dass die Stimmung in der Bevölkerung gegenüber den Flüchtlingen kippt.

Die FDP-Fraktion lehnt deshalb den heute zur Abstimmung anstehenden Verwaltungsvorschlag für eine weitere große Flüchtlingsunterkunft in Liblar ab. Die richtige Antwort auf die Herausforderung der Unterbringung der zu uns kommenden Flüchtlinge liegt in der Schaffung dezentraler Unterkünfte, die langfristig und nicht nur für Flüchtlinge genutzt werden können. Näheres dazu werden wir bei der Beratung des Tagesordnungspunktes 19 erklären. Umso mehr begrüßen wir, dass mit dem heute zur Abstimmung stehenden Haushalts- und Wirtschaftsplan die finanziellen Voraussetzungen für den Neubau von Sozialwohnungen in Dirmerzheim geschaffen werden. Dies ist für uns einer von mehreren Gründen, aus denen wir dem Haushalt zustimmen werden.

Bedauerlicherweise gab und gibt es bei einem anderen Thema, bei dem ein Grundkonsens für unsere Stadt ebenfalls sehr wertvoll wäre, nur wenig Gemeinsamkeit. Die Absicht, bestehende Schulen zu Gunsten einer neu einzurichten Gesamtschule auslaufen zu lassen, hat die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt im vergangenen Jahr in einem zuvor nie dagewesenen Maß mobilisiert. Die Bürgerinnen und Bürger haben beim Bürgerentscheid mit überwältigender Mehrheit zum Ausdruck gebracht, dass sie die bestehenden Schulen erhalten wollen. Die FDP-Fraktion appelliert an SPD, Grüne und Freie Wähler, torpedieren Sie nicht länger den Schulfrieden! Auch das Beispiel von Frechen sollte Sie davor warnen, das Thema Gesamtschule permanent wieder aufzurufen. Gestalten Sie lieber aktiv die notwendige Sanierung des Schulzentrums Lechenich mit. Ob diese Sanierung wirklich 20 Millionen Euro kosten muss, werden wir noch gemeinsam zu prüfen haben. Die Schülerinnen und Schüler im Schulzentrum Lechenich, ihre Eltern und auch die Lehrerinnen und Lehrer erwarten aber zu Recht von uns, dass wir diese Sanierung jetzt zügig anpacken. Dabei legen wir als FDP-Fraktion größten Wert auf eine klare Definition der mit der Sanierung verfolgten Ziele durch den Stadtrat und ein über alle Zweifel erhabenes transparentes Verfahren bei der Auftragserteilung. Mit dem Haushalts- und Wirtschaftsplan wollen wir die finanziellen Voraussetzungen für den Start dieses Vorhabens schaffen.

Die FDP-Fraktion hat Vertrauen in den Kämmerer, Herrn Knips. Die Erfahrung des letzten Jahres hat uns in der Überzeugung gestärkt, dass mit der von ihm verkörperten Haltung mittel- und langfristig viel für die Sanierung der städtischen Finanzen erreicht werden könnte. Wir unterstützen insbesondere die Forderung nach einer in sich schlüssigen finanziellen Gesamtsteuerung des Konzerns Stadt. Dazu gehört unbedingt eine vollständige Transparenz des finanziellen Geschehens in allen Teilen des Konzerns, nicht nur im Kernhaushalt. Diese Steuerung und Transparenz ist nicht gleichbedeutend mit einem Entscheidungsrecht des Kämmerers über Einzelmaßnahmen, aber jede Einzelmaßnahme muss mit ihren finanziellen Folgen transparent dargestellt und diskutiert werden.

Ob die Eigenbetriebe Immobilienwirtschaft und Straßen beibehalten oder in den Kernhaushalt zurückgeführt werden sollen, sollte in diesem Jahr entschieden werden. Wie auch immer die Entscheidung ausfällt, Eigenbetriebe sind nicht gleichbedeutend mit finanziellem Eigenleben außerhalb der finanziellen Gesamtsteuerung der Stadt. Dies gilt auch für die Stadtwerke. Deshalb unterstützen wir den Vorschlag, die Eigenbetriebe und Stadtwerke stärker in das Haushaltskonsolidierungskonzept einzubinden. Die dafür jetzt vorgeschlagenen Übergangsfristen sind aus unserer Sicht teilweise zu lang.

Transparenz haben wir Freie Demokraten auch im Zusammenhang mit diesen Haushalts- und Wirtschaftsplanberatungen oft vermisst.
Es ist ein Unding, dass sich die Absicht, unser Archiv in eine Stelle für Stadtforschung umzuwandeln, nur aus der namentlichen Personalübersicht zum Stellenplan ergab, die nur den Fraktionsvorsitzenden zugänglich gemacht worden ist.

Ebenso unverständlich ist, dass die Verwaltung das Problem der sich ändernden Finanzierung für die in unseren Kindertagesstätten beschäftigten Therapeutinnen bei der Aufstellung des Stellenplans schlicht ausgeblendet und erst auf Nachfrage im Haupt-, Finanz- Personalausschuss zu der entstehenden Deckungslücke von immerhin 300.000 € im Jahr Stellung genommen hat. Im Juli endet die zweijährige Übergangsfrist für die Umstellung der Finanzierung durch den Landschaftsverband. Es entspricht nicht der gebotenen Transparenz von Verwaltungshandeln, dass es bis heute keine Vorlage an den Jugendhilfeausschuss gegeben hat, wie sich die Verwaltung ab August dieses Jahres die Lösung des Problems vorstellt. Die vom LVR gezahlte Pauschale für die Inklusion von Kindern mit Behinderung darf jedenfalls nicht für die Finanzierung von Therapien verwendet werden, deren Kosten von den Krankenkassen zu übernehmen sind.

Herr Bürgermeister, meine sehr geehrten Damen und Herren,
unterschätzen Sie nicht das wachsende Gefühl mangelnder Transparenz und Neutralität gegenüber persönlichen Interessen, das sich angesichts mancher Entscheidungsvorlagen und Entscheidungen nicht nur im Rat, sondern auch in der Bürgerschaft breit macht. Z.B. hat es mit Transparenz nichts mehr zu tun, wenn in der letzten Sitzung des Immobilienausschusses eine Verwaltungsvorlage den Verkauf eines Grundstücks zum Zweck der Errichtung einer Einrichtung zur Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge vorschlägt, dieses Grundstück aber in der Vorlage, in der die für die Unterbringung von Flüchtlingen in Frage kommenden Grundstücke aufgelistet wurden, nicht einmal erwähnt wurde.
Es ist auch nicht transparent, wenn man die Begründung der Verwaltung für den Verkauf so verstehen muss, dass dem Erwerber die Belegung der Einrichtung durch das Jugendamt der Stadt in Aussicht gestellt worden ist, obwohl auch darüber im Jugendhilfeausschuss noch keine Beratung erfolgt ist. Der Eindruck mangelnder Transparenz wird auch dadurch erhöht, dass für die Realisierung des Bauvorhabens eine Frist von mehreren Jahren eingeräumt wird, obwohl der Bedarf für eine solche Einrichtung doch zumindest auch kurzfristig besteht. Es ist deshalb gut, dass dieses Thema heute noch einmal behandelt werden soll.

Zurzeit werden in Erftstadt eine ganze Reihe von potentiellen unternehmerischen Aktivitäten diskutiert, zumeist hinter verschlossenen Türen: Die Beteiligung der Energiegesellschaft an mehreren Windparks, die Gründung einer Netzgesellschaft mit RWE, der Ankauf einer weiteren Beteiligung an der GVG, eine Stadtbus- und eine Entsorgungsgesellschaft. Auch diese Prozesse sind hinsichtlich ihrer finanziellen Auswirkungen für die Stadt als Ganzes bisher nicht transparent. Die FDP-Fraktion sieht sich bisher in ihrer Skepsis bestätigt, ob unsere Stadtverwaltung über das für die Beurteilung der Chancen und Risiken solcher unternehmerischen Aktivitäten erforderliche know how verfügt bzw. richtig einsetzt. Die Beauftragung von Gutachtern und Beratern kann dafür kein vollständiger Ersatz sein. Das interfraktionelle Gespräch zur eventuellen Gründung einer Netzgesellschaft mit RWE hat bei uns zudem erhebliche Zweifel hervorgerufen, ob die Stadt bei diesen Verhandlungen richtig beraten ist.

Gutachten, die nur der Legitimation politischer Überzeugungen dienen sollen und ignoriert werden, wenn sie nicht die gewünschten Ergebnisse liefern, sind überflüssig. Der nächste Beratungsauftrag soll für die Auswahl des Architekten für die Sanierung des Schulzentrums Lechenich vergeben werden, obwohl man hört, dass der eine oder andere schon recht präzise Vorstellungen davon hat, wer für diese Aufgabe der Richtige wäre. Wir werden sehr genau darauf achten, dass diese Auswahl fair und nach rein fachlichen Kriterien erfolgt. Dazu gehört, dass die Aufgabenbeschreibung und das Anforderungsprofil vor einer Ausschreibung oder einem Wettbewerb im zuständigen Ausschuss diskutiert und im Rat beschlossen werden.

Wenn sich die Stadt unternehmerisch betätigen will, wird sie sich das dafür erforderliche Geld leihen müssen. Zu den notwendigen Voraussetzungen für solche unternehmerischen Betätigungen gehört für die FDP-Fraktion unabdingbar, dass etwaige Erträge aus den Beteiligungen bis zur vollständigen Rückzahlung ausschließlich für Zins und Tilgung der aufgenommenen Darlehen verwendet werden dürfen.

Es ist also aus Sicht der FDP-Fraktion nicht alles in Ordnung in Erftstadt,
positiv festzustellen ist aber, dass die Haushaltsplanberatungen in diesem Jahr nicht dazu genutzt wurden, ad hoc zusätzliche, vorher nicht diskutierte Ausgaben im Haushaltsplan und den Wirtschaftsplänen zu platzieren. Deshalb stimmt die FDP-Fraktion dem Haushaltsplan und den Wirtschaftsplänen, trotz abweichender Meinung zu einer Reihe von Einzelpunkten, im Ergebnis zu. Wir wollen damit eine geordnete Planungsgrundlage für das Verwaltungshandeln in diesem Jahr und die Voraussetzung schaffen, dass die geplanten Projekte angegangen werden können.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!